Kündigung eines Werkvertrags per E-Mail-Anhang – Schriftform gewahrt!
Die Kündigung eines Werkvertrags kann grundsätzlich formlos erfolgen. Vereinbaren die Parteien aber, dass die Kündigung der Schriftform bedarf, so ist diese gewahrt, wenn das Kündigungsschreiben als Anlage einer E-Mail beigefügt ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.03.2015 – 4 U 265/14; BGH Beschluss vom 10.09.2015 – VII ZR 69/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)
Die Beklagte, ein Bauunternehmen, beauftragte mit Werkvertrag vom 07.12.2012 den Kläger mit der Objektüberwachung eines Teilbereichs eines großen Bauvorhabens. Unter § 4 des Vertrages vereinbarten die Parteien, dass die Kündigung des Vertragsverhältnisses der Schriftform bedarf. Mit E-Mail vom 29.11.2013 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31.12.2013. Der E-Mail war als PDF-Datei ein formales Kündigungsschreiben mit Briefkopf und Unterschriften angehängt. Im E-Mail-Text wies die Beklagte darauf hin, dass aufgrund der zeitlich angespannten Situation die bereits angekündigte Kündigung „nun auf diesem Wege“ zugesandt wird.
Der Kläger hielt die Kündigung mangels Schriftform für unwirksam und klagte auf Vergütung in Höhe von 40.463,50 € für die Zeit von Januar bis März 2014.
Das Landgericht Frankfurt wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung wies das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 16.03.2015 – 4 U 265/14 mit folgenden Argumenten zurück: Grundsätzlich kann ein Werkvertrag formlos gekündigt werden. Es steht den Parteien aber frei, hierfür eine Schriftform zu vereinbaren. Dabei handelt es sich nicht um die gesetzliche Schriftform (§ 126 BGB), sondern um eine gewillkürte (§ 127 BGB). Die gewillkürte, also die nach dem Willen der Parteien vereinbarte Schriftform nach § 127 BGB, unterliegt nicht ganz so strengen Voraussetzungen wie die schriftliche Form, die durch Gesetz vorgeschrieben wird (§ 126 BGB). Insbesondere soll mit der gewillkürten Schriftform auch den modernen Kommunikationsmitteln Rechnung getragen werden. Daher wird die vereinbarte Schriftform nach § 127 Abs. 2 BGB auch durch telekommunikative Übermittlung gewahrt. Dazu gehören neben dem Telegramm oder Telefax auch E-Mail oder das Computerfax.
Zwar können die Parteien eines Werkvertrages im Rahmen ihrer vertraglichen Gestaltungsfreiheit die Regelung des § 127 Abs. 2 BGB ausschließen und damit ihre Schriftformvereinbarung den strengen gesetzlichen Anforderungen von § 126 BGB annähern. Im zu entscheidenden Fall haben die Parteien dies aber nicht getan. Insbesondere hat die Beklagte in ihrer E-Mail noch darauf hingewiesen, die angekündigte Kündigung „nun auf diesem Wege“ zuzusenden. Der Kläger hat dem nicht unverzüglich widersprochen. Hier wäre von ihm ein Hinweis möglich und erforderlich gewesen, dass er diese Art der Schriftform als nicht ausreichend ansieht.
Das als PDF-Datei angefügte Schreiben entsprach damit der vereinbarten Schriftform, weil es in ausgedruckte Form keinerlei Unklarheiten bei dem Kläger entstehen ließ, von wem dieses Schreiben stammt, und dass damit die Kündigung des Werkvertrages zum 31.12.2013 begehrt wird. Das Schreiben weist den Briefkopf der Beklagten aus sowie Unterschriften des Geschäftsführers und der Prokuristin. Es ist unerheblich, ob es sich bei diesem Schreiben um ein zunächst ausgedrucktes, dann unterschriebenes und später wieder eingescanntes Schreiben handelt oder ob dieses Schreiben samt Unterschriften mechanisch hergestellt worden ist, da diesbezüglich bei der nach § 127 Abs. 2 S. 1 BGB möglichen elektronischen Übermittlung keine Unterscheidung gemacht wird.
Ergebnis:
Grundsätzlich ist beim Werkvertrag eine Kündigung formfrei möglich. Wollen die Parteien dies anders handhaben, so müssen sie generell die Schriftform vereinbaren. Mit dieser Entscheidung bekräftigt das OLG Frankfurt die Intention des Gesetzgebers, dass die gewillkürte, also von den Parteien vereinbarte Schriftform, den modernen Kommunikationsmitteln Rechnung trägt. Wollen die Parteien eine Schriftform vergleichbar der „strengen“ gesetzlichen Schriftform nach § 126 BGB, so müssen Sie dies zusätzlich konkret vereinbaren.