Architekt der Zukunft, Zukunft der Architekten
Die Anforderungen der Bauherren werden immer komplexer, der Bauablauf immer komplizierter und die Produktvielfalt birgt zunehmend Risiken. Für den Architekt stellt sich die Frage: Halten berufliches Handwerkszeug, Organisationsgrad und individuelle Kompetenz damit Schritt? Kai Gundlach vom renommierten 2b AHEAD ThinkTank in Leipzig, (Deutschlands innovativster Business-ThinkTank, welcher alljährlich mit mehr als 200 Top-Managern die Geschäftsmodelle der nächsten 10 Jahre entwickelt) gibt einen spannenden Ausblick für unsere nähere Zukunft.
Lebens- und Arbeitswelten werden digitaler, Gebäude werden smarter, Städte vernetzter und CO2-neutraler. So weit, so bekannt. Welches sind die wirklich wichtigen Baustellen der Branche, insbesondere für den freiberuflichen Architekt? Freelancer sind im Vergleich mit anderen Industrien politisch unterrepräsentiert und der EU-Angriff auf die Privilegien der freien Berufe wird zurecht mit Schrecken erwartet. Alles in allem beobachten wir einen fundamentalen Wandel, der die Unternehmen und Freiberufler der Baubranche dazu zwingt, ihre Geschäftsmodelle neu zu denken. Aber beginnen wir von vorn…
Der technologische Fortschritt verändert die Lebenswelten der Kunden. Ein wesentlicher Anteil dieser Entwicklung geht auf das Konto des allverfügbaren Internets, welches sämtliche Bereiche des Alltags auf eine neue Grundlage gestellt hat – und wir stehen erst am Beginn dieser Entwicklung. Modernste Produktionsverfahren und effiziente Logistikwege rund um die Welt haben eine engmaschige Vernetzung der Kontinente ermöglicht und die Konsumwelt geprägt. Gleichzeitig sinken in der Baubranche durch digitale Unterstützung die Kosten und Aufwände in der Wertschöpfungskette sowie der Bereitstellung von Dienstleistungen. Auf der anderen Seite steigt die Vergleichbarkeit von freiberuflichen Dienstleistungen, wie die des Architekt, wodurch Beliebigkeit droht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Portale wie check24.de für die Baubranche die hochwertigen Dienstleistungen der verfügbaren Architekten gegenüberstellen – aus ganz Europa.
Die Krönung der Individualisierung
Die Massenwirtschaft des letzten Jahrhunderts produzierte Massenware für Massenmärkte und bot den Konsumenten damit die standardisierte Abwesenheit von Individualität. Inzwischen locken im Zeitalter der Mass Customization viele Anbieter mit graduell individualisierten Produkten: Kunden haben beim Kauf von Smartphones, Versicherungen und Autos die Wahl aus hunderten Zusatzoptionen. Ist diese Individualisierung noch zu steigern? Ja! Und zwar auf zwei Ebenen:
- Im Zusammenhang mit unseren Studien und Analysen beobachten wir bei 2b AHEAD eine steigende Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen, die das Bedürfnis von Menschen befriedigen können, ihre Identität zu managen. Wer sich im Wettbewerb behaupten will, muss in der Lage sein, die individuellen Kundenbedürfnisse zu erfassen und exakt den Nerv zu treffen. Auch in diesem Bereich werden Anbieter von immer mehr digitalen Lösungen unterstützt, darunter moderne CRM-Lösungen mit Sprach- und Emotionsanalyse.
- Was kommt nach der Individualisierung? Produkte und Dienstleistungen, die sich im Laufe der Zeit situativ auf veränderte Bedürfnisse anpassen. Sie werden adaptiv! Einige Versicherungspolicen passen sich bereits automatisch an, sobald Versicherungsnehmer in den Urlaub fahren oder einen sehr risikobereiten Fahrstil haben. Wenn das Smartphone nicht mehr gefällt, können Kunden schon bald neue Module dafür erwerben, versprechen Googles Projekt Ara oder das Fairphone. Und selbst das Undenkbare wird möglich: Dass seit 2014 ganze Häuser von gigantischen 3D-Druckern konstruiert werden, dürfte jedem gut informierten Architekten bekannt sein. Zu einem Bruchteil der herkömmlichen Kosten werden in unter einer Woche Häuser und gar Villen aus flüssigem Beton und zum Teil aus recyceltem Material gedruckt. Und dadurch werden schon bald die immobilsten Gegenstände, die wir uns vorstellen können, adaptiv. 3D-Baufirmen der Zukunft bieten einen Renovierungs-Rundumservice an. Der Use Case: Eine Familie fährt in den Urlaub, Möbelpacker parken die Einrichtung, anschließend wird das alte Haus abgerissen, ein neues gedruckt und wieder eingerichtet. Und plötzlich hat die Familie ein Zimmer oder einen Balkon mehr.
Wie arbeiten Sie in der Zukunft?
Natürlich unterliegen auch die Arbeitswelten dem mittelbaren Einfluss der Digitalisierung in Kombination mit den bekannten Arbeitsmarktmechanismen. Der Stellenwert von Festanstellungen nimmt ab, immer mehr Menschen sind als Projektarbeiter für wenige Jahre projektgebunden in Unternehmen angestellt – durch den Fachkräftemangel ist Expertise überall gefragt, warum soll ich dann dem einen Arbeitgeber gegenüber loyal sein? Die Funktionsweise ist nicht weit von der eines Freiberuflers entfernt.
Gleichzeitig werden die uns heute bekannten Berufsbilder in den kommenden Jahren massiv durch digitale Assistenten ergänzt oder substituiert. Rund 50% der heutigen Berufe werden dadurch bis 2025 verdrängt – und dazu gehören lange nicht nur Kassierer und Taxifahrer, sondern auch Ärzte, Anwälte und Anlageberater. Die gute Nachricht: Ein Architekt ist als kreativer Freiberufler bei weitem nicht der erste, der durch künstliche Intelligenzen ersetzt wird. Dennoch muss jeder Architekt jetzt auf den Zug der Digitalisierung aufspringen – und dazu gehört weitaus mehr als BIM, Virtual und Augmented Reality.
Quelle: www.2bahead.com
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